Raphaela Dell

Mit einer Kombination aus Psychologie, Organisationslehre und Methoden aus der Welt der Kultur und der Philosophie, befähigt sie Menschen ihr Potential voll zu nutzen.

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Das Ende der Neugier

Wann haben wir aufgehört, neugierig zu sein?

Es gibt einen Moment, der mich immer wieder nachdenklich macht. Ein Experiment, das ich in einem Vortrag von Ken Robinson gesehen habe – und das ich seitdem oft in meinen Workshops nutze. Es dauert keine 30 Sekunden, aber die Ergebnisse sind jedes Mal verblüffend.

Ich stelle den Teilnehmern eine einfache Aufgabe: „Denkt euch 10 Dinge aus, die ihr mit einer Büroklammer machen könnt.“

Am Anfang ist das für viele schwerer als gedacht. Manche nennen zwei oder drei Ideen – dann kommt ein Moment des Zögerns. Die Box, in der wir uns bewegen, wird plötzlich sichtbar: „Man kann sie zum Heften benutzen … als Haken … äh …“ Und das war’s.

Dann erzähle ich, dass die gleiche Aufgabe einmal mit Kindergartenkindern durchgeführt wurde. Die schafften locker 50 Ideen. Sie wollten damit basteln, sie in den Sand stecken, einen Drachen bauen, sie in Ketten verwandeln. Für sie war die Büroklammer nicht „etwas zum Heften“, sondern ein Objekt voller Möglichkeiten.

Die Box, in die wir uns setzen

Wir alle hatten diese kindliche Neugier. Sie war einmal unser natürlicher Zustand. Aber im Laufe der Zeit wird unsere Welt kleiner. Die Box, in die wir uns setzen, wird immer enger – meist, ohne dass wir es merken.

Warum? Weil wir lernen, dass Fehler schlecht sind. Dass es wichtig ist, die „richtigen“ Antworten zu kennen. Dass Kreativität nett ist, aber nicht zählt, wenn es ernst wird.

Ken Robinson hat in seinem TED Talk „Do Schools Kill Creativity?“ eindrücklich gezeigt, wie unser Bildungssystem dazu beiträgt. Aber das Problem geht weit über die Schule hinaus. Im Berufsleben begegnen wir demselben Muster: Fehler werden als Schwäche betrachtet, Neues oft als Gefahr.

Und so geschieht es: Wir verlieren die Fähigkeit, neugierig zu sein. Wir hören auf, Fragen zu stellen. Und wir vermeiden es, Neues zu lernen – sei es eine Software wie Excel oder ein Programm wie PowerPoint. Nicht, weil wir es nicht könnten, sondern weil wir es nicht wollen.

Warum Neues so unbequem ist

Lernen fühlt sich manchmal an wie eine Zumutung. Vor allem, wenn wir es uns abgewöhnt haben. Da ist dieses neue Tool, diese neue Methode – und plötzlich stehen wir vor der Wahl: uns mit etwas Unbekanntem auseinandersetzen oder im Vertrauten bleiben.

Die meisten von uns entscheiden sich für das Vertraute. Nicht, weil wir faul sind, sondern weil wir in einem Fixed Mindset gefangen sind – einer Denkweise, die uns einredet, dass unsere Fähigkeiten festgelegt sind.

Wie Carol Dweck beschreibt, führt ein Fixed Mindset dazu, dass wir Herausforderungen meiden. Wir wollen nicht scheitern, nicht inkompetent wirken. Also sagen wir Sätze wie: „Das brauche ich nicht“, „Das war schon immer so“ oder „Ich komme auch ohne zurecht“.

Aber dieses Denken hat einen Preis. Denn während wir in unserer Box bleiben, bewegt sich die Welt um uns herum weiter.

Wie wir die Box wieder größer machen können

Was mich an Ken Robinsons Büroklammer-Experiment so fasziniert, ist die Erkenntnis, dass unsere Neugier nie wirklich verschwindet. Sie wird nur eingesperrt. Aber sie kann wieder freikommen – wenn wir uns trauen, die Box größer zu machen.

Hier sind drei Dinge, die ich immer wieder erlebe, wenn Menschen ihre Neugier zurückgewinnen:

1. Fehlerkultur verändert alles

Die Angst vor Fehlern ist oft die größte Bremse. Wer Angst hat, etwas falsch zu machen, kann nicht neugierig sein. Aber was wäre, wenn Fehler nicht mehr bestraft würden? Wenn sie stattdessen als Teil des Prozesses akzeptiert würden?

In meinen Workshops ermutige ich die Teilnehmer, erst einmal viele „schlechte Ideen“ zu sammeln. Das klingt paradox, aber es hilft, die Kreativität wieder anzukurbeln. Denn wenn der Druck wegfällt, die „richtige“ Antwort zu finden, passieren plötzlich spannende Dinge.

2. Fragen statt Anweisungen

Neugier funktioniert nicht durch Druck. Niemand wird begeistert Excel lernen, weil es „nötig“ ist. Aber wenn ich frage: „Wie könntest du deine Arbeit schneller oder leichter machen?“, ändert sich der Blickwinkel.

Menschen lernen nicht durch Push, sondern durch Pull. Sie müssen sehen, welchen Nutzen das Neue für sie hat.

3. Das Warum klären

Wie Simon Sinek sagt: Wenn das Warum klar ist, kommen das Wie und Was von selbst. Was treibt uns an? Was können wir gewinnen, wenn wir uns mit Neuem beschäftigen?

Die Antwort muss für jeden anders aussehen. Manche wollen Zeit sparen, andere neugierig bleiben. Wichtig ist, dass jeder sein eigenes Warum findet – erst dann wird Lernen zur Freude statt zur Pflicht.

Das Ende der Neugier? Oder ein neuer Anfang?

Das Büroklammer-Experiment zeigt mir jedes Mal, wie klein die Box geworden ist, in der wir uns selbst eingesperrt haben. Aber es zeigt mir auch, wie schnell sich das ändern kann. Die Neugier ist da. Sie muss nur wieder entfacht werden.

Also: Was könntest du heute tun, um deine Box ein bisschen größer zu machen? Welche Frage hast du schon lange nicht mehr gestellt? Und was wäre, wenn du dir erlaubst, neugierig zu sein?

Fang mit einer Büroklammer an. Du wirst überrascht sein, wohin sie dich führt.

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